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Predigt Pfingstsonntag, 31.05.2020

1. Kor. 2, 12-16 (von Präd. Doris Kählitz)

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus  Amen.

Liebe Gemeinde,

schön das Sie gekommen sind zum Geburtstagsfest der Kirche.
Eine Feier mit geringer Beteiligung. So war es in den letzten Jahren üblich.
In diesem Jahr dürfen sich nur wenige Menschen im Gemeindezentrum versammeln, wegen Corona.

Das Geschenk was wir zu Pfingsten empfangen, ist nicht fassbar, sichtbar oder gar begreifbar im Gegensatz zu Weihnachten, oder Ostern. Was gibt es zu Pfingsten? Allenfalls einen Stau auf der Autobahn. (Vielleicht haben die Autofahrer jetzt Glück, weil noch nicht alle unterwegs sein dürfen.) Denn viele verbinden damit Ihren Pfingsturlaub. 
Nun, wir können heute die Flucht vor dem heiligen Geist in den Pfingsturlaub nicht stoppen, aber wir können uns die Frage stellen: „Wofür brauche ich den Heiligen Geist?

 Hören wir zunächst einmal auf den Predigttext, den Paulus an die Korinther schreibt, im  1.Brief Kap.2 , Verse 12-16:
Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, dass wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist. Und davon reden wir auch nicht mit Worten, wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. 
Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich beurteilt werden.
Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt.
Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen? (Jesaja 40,13) Wir haben Christi Sinn.

wofür brauche ich den Heiligen Geist?
Luther erklärt uns das im Kleinen Katechismus so:                      
Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann;
sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben.
Das ist gewisslich wahr.

Ja, wir sind getauft auf den Namen des dreieinigen Gottes. In der Taufe wurde uns der Geist Gottes verliehen.
Seit dem sind wir begeistete und darum begeisterte und hoffentlich auch begeisternde Menschen.
In der Taufe wurde in uns die Glut entfacht, aus der dann in unserem Leben Feuer und Flamme entzündet werden.
Seit der Taufe sind wir entflammt durch das Feuer des Heiligen Geistes.

Darum, liebe „Entflammte“, schauen Sie sich dieses Bild mal an:

    Bild zu Pfingstpredigt                  

Wenn das Feuer für den Heiligen Geist steht, dann steht der Eiswürfel für die Kirche, bzw. für die Gemeinde; und das sind wiederum wir.
Sind wir wirklich so kalt und starr wie Eis, liebe Gemeinde? -- „Ja, meinen manche Leute. „Die Kirche sei eisig.“
Wenn einem Besucher der Zugang in eine Kirchenbank verwehrt wird, weil sie von einem anderen Bruder Sonntag für Sonntag besetzt wird.
Wenn wir verächtlich auf Menschen schauen, die die Lieder der Liturgie nicht auswendig mitsingen können.
Wenn wir uns gestört fühlen, weil Kinder schreien und im Kirchenraum herum laufen.
Weil wir uns daran stoßen, dass jemand die Führung in der Mitarbeiterschaft eigenverantwortlich übernimmt?
Sicher wollen wir so nicht sein, aber vielleicht haben wir auch Angst vor Veränderungen.
Manchmal fehlt uns auch der Mut und  die Zuversicht. Dann ist es Gott, der hier einschreitet.
Er denkt, die Flamme des Geistes sitzt auf dem Eis, da muss doch gegen die Kälte etwas zu machen sein. Er handelt, indem er versucht, die tief gefrorenen Christen aufzutauen. Immer wieder, nicht nur an Pfingsten.
Denn wie könnte man das Feuer Gottes auf ein Datum festlegen und begrenzen.

Es gibt zwei Möglichkeiten; entweder man löscht die entzündete Flamme und legt den Eiswürfel ins Gefrierfach,  oder  man wartet ab, gelassen und entspannt, lässt das Feuer brennen, bis dass der Eiswürfel antaut, auftaut und flüssig wird.
Was mag bloß daraus werden?
Diese furchtsame Frage der Apostel, nachdem Jesus von ihnen gegangen war, war angemessen. Was mag aus einer Kirche werden, deren Strukturen sich verflüssigen, die kein Korsett mehr sind, aber auch keinen Halt mehr haben?
Wie mag es uns gehen aufgetaut, weich und empfindlich geworden, vielleicht ganz ohne  Gestalt und Form?
Werden wir vertrocknen, verdampfen, Teil eines Stromes werden oder nur eine kleine, lächerliche Pfütze?  All das ist offen.

Offensichtlich ist, dass wir nur von Gottes Geist erfüllt werden, wenn wir dazu bereit sind, unseren Kopf und unser Herz hin- und offen zu halten. Was wir manchmal für unmöglich halten, das macht Gott möglich, liebe Gemeinde.

Seine Flamme lodert schon über dem Eis, wieder und immer wieder.
Denn er ist in seiner Liebe zu uns, Gott sei Dank, ganz unmöglich.
Hätte er uns sonst seinen Sohn Jesus Christus zur Erlösung gegeben?
In dieser bescheidenen, gründlichen Wirkungsweise unterscheidet er sich scharf vom Geist der Welt.

Nehmen wir diese Würde wahr, dieses Geschenk,  als „Geistliche“ leben zu dürfen.
Nun, ich denke nein.
Wir müssen uns eher sagen lassen: „ Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes, es ist ihm eine Torheit.
Wie machen wir uns also auf den Weg, das zu werden, was wir sind „Geistliche Menschen“,  die von einem anderen Geist ergriffen sind. Das sollte uns nicht zur Überheblichkeit  verleiten, verächtlich auf den Geist der Welt zu schauen.
Pfingsten ist das Fest der Gabe des Geistes Gottes, das uns begeistern will, unseren Glauben zu leben. In unserem Alltag zu erzählen von den Gaben Gottes, die wir empfangen haben.
Darum ermutigt Paulus seine LeserInnen sich diesen Geist gefallen zu lassen, der oft genug dem gesunden Menschenverstand  widerspricht, der mit normalen Maßstäben nicht zu begreifen ist.

Darum geht es wohl auch in dem Streit in Korinth. Die Korinther haben erlebt, wie das Evangelium und der Geist des Evangeliums bei ihnen ankam. Aber irgendwann wurde ihnen das Evangelium zu primitiv, das Kreuz zu anstößig, der Apostel zu schwach. Sie gleichen dem Volk Israel, das die lebendige Quelle verlässt und sich rissige Zisternen baut. Paulus ruft zur Quelle zurück. Zum Wort vom Kreuz und damit auch zur Unterordnung unter die geistliche Autorität des Apostels. Wer von Gottes Geist beeinflusst ist und nicht vom Geist der Welt, begreift und bejaht das.

Wir brauchen Gottes Geist. Und Paulus schreibt von dem Geist aus Gott, den wir empfangen haben, der uns helfen kann, auch die Wunder Gottes wahrzunehmen. Gottes Geist will auch in unser Leben eingreifen. In Christus ist uns alles geschenkt.

„Wir aber haben Christi Sinn.“

Das ist für Paulus der Zielsatz seines Gedankens. Wir gehören mit ihm zusammen, er schenkt uns seinen Geist und unserem Leben neuen Sinn. Wir können aufatmen, weil wir nicht alles selbst berechnen, selbst erklären müssen, sondern leben dürfen als Schwestern und Brüder, als Begeisterte.
Reden wir darüber. Erzählen wir von Jesus, wie er alles verändern kann, wenn wir seinem Geiste Raum gewähren, liebe Gemeinde.
Dann kann ich die Klage fallen lassen, die ich  aufgrund von Betrug gegen jemanden erheben wollte.
Dann kann ich Menschen vergeben, die mich beleidigt haben.
Kann für meine Mitmenschen beten, die krank oder in Not sind.

Pfingsten ist das Fest der offnen Kirchentüren. Menschen gehen heraus und erzählen anderen, was ihnen wichtig ist vom Glauben an Gott, der Mensch wird, der leidet unter den Menschen, der stirbt und neues Leben schenkt. Wir dürfen aufbrechen und von unserem Gott erzählen. Er wird seinen Geist dazugeben, dass auf unseren Gesprächen sein Segen liegt.

Dafür brauchen wir den heiligen Geist, liebe Gemeinde, damit das Feuer der Erkenntnis, und der Zeugnisfähigkeit weiter in uns brennt, und das das Eis in uns taut und uns zu einem lebendigen Glauben an Jesus Christus führt, und uns darin erhält. Amen.